Interview: Nachhaltigkeit & Zertifizierung von Biomasse

Im Interview mit biochar zero diskutieren die Biomasse-Experten Hendrik Bauer und Torben Halfer von der Brüning Group über biogene und fossile Ausgangsstoffe unter RED II & III, PEFC und über Altholzverwendung und ob Pyrolyse als stoffliche oder thermische Verwertung gilt. Lesen Sie auch nach, welche Nachweise Pflanzenkohle-produzierende Betriebe in welchem Produktlebensabschnitt benötigen.

Die Brüning Group bietet einen vollumfänglichen Service für die Ver- & Entsorgung mit energieliefernden Schüttgütern. Sie handeln mit Rundholz und energiehaltigen Reststoffen der Biomasse-verarbeitenden Industrie. Torben Halfer und Hendrik Bauer sind im Support für das operative Geschäft tätig. 

Dies ist die Fortsetzung des Interviews mit Brüning, Teil 3 von 3 und damit der letzte Teil.

Das Gespräch fand im September 2023 statt.

RED II

Anne: Lasst uns über Standards und Zertifizierungen für Biomasse sprechen.

Torben: Biomasse ist ein Kerngeschäftsfeld der Brüning Group. Themen wie RED II & RED III, FSC, PEFC sind Standardanforderungen im Biomassehandel. Mehrere Leute im Team bedienen diese Anfragen. Schwerpunkt Umweltmanagement und Zertifizierung plus Nachhaltigkeit und Lieferkette liegt bei Hendrik. Qualitätsmanagement und Zertifizierungen (ENplus, EBC, GMP+) bei mir. Die Brüning Group ist ISO 9001 und ISO 14001 zertifiziert.

Um sich für die richtigen [Zertifizierungs-]Systeme zu entscheiden, muss ich vorher wissen: Wo möchte ich mit meinem Produkt Pflanzenkohle hin?

Anne: Du hast RED II und RED III angesprochen. Bei biochar zero hatten wir Gespräche, dass Holz als regenerativer Rohstoff eventuell gesetzlich wegfällt. Wird das kommen?

Hendrik: Ich erkläre kurz den Hintergrund: Die EU-Mitgliedstaaten haben sich 2018 auf einheitliche Nachhaltigkeitskriterien für den Einsatz von Biomasse in Verstromungs-, Kälte und Wärmeanlagen, die mehr als 20 Megawatt Leistung haben, geeinigt. Für Laien: Die großen Anlagen sind dazu verpflichtet, den Einsatz von nachhaltiger Biomasse schwarz auf weiß vorweisen zu können. 

Dafür wurde der Begriff „nachhaltig“ in der RED II-Verordnung im Artikel § 29 definiert. Zunächst wird in Aggregatzustände der Biomasse unterschieden. Darauf basierend gibt es unterschiedliche Kriterien. 

Die EU-Mitgliedsstaaten haben der Richtlinie zugestimmt und nun muss diese in nationales Recht überführt werden. Bisher haben es nur einige EU-Mitgliedsländer geschafft, die Kriterien wirksam umzusetzen, obwohl die Frist dafür Mitte 2021 war. 

Nun zum Holz: In der EU-Kommission wurde diskutiert, ob Frischholz/primäres Holz nicht mehr den Status nachhaltig genießen sollte. Die Manifestierung dieser Aussage im Gesetz wurde unter schwedischem Vorsitz verhindert.

Unter der RED III gibt es wenig Veränderungen zur RED II. Es gibt einen Feinschliff und zusätzliche Ansätze, wie zum Beispiel „No-Go Areas”. Letztendlich hat sich am Zugriff auf nachhaltige Biomasse fast nichts verändert.

Mit dem Ausblick auf Folgegesetze von RED III wird die Branche diesen Kampf immer weiterführen müssen, denn die Gegenstimmen („Der Verbleib des Holzes im Wald”) sind sehr stark. Aktuell sehe ich noch keine Bewegung zu RED IV. 

Ich glaube, wir werden eine starke Dynamik sehen im Interesse an biogenen Abfällen und Reststoffen. Es gibt im Altholzbereich und in Gesetzen wie dem Kreislaufwirtschaftsgesetz die Vorgabe „stofflich vor thermisch“.

Die deutsche Politik ist Vorreiter im Altholzbereich und arbeitet seit Jahren an einer Novellierung der Altholzverordnung. Im Zuge dieser Novellierungsdiskussion wird über Verbote gesprochen, A1-Altholz (also die beste Qualität) thermisch verwerten zu dürfen. Stand heute dürfen Anlagen A1 unter Einschränkungen thermisch einsetzen.

Die Gefahr ist, wenn die Pyrolyse-Anlagentechnik als Verbrennung eingestuft wird, sind bestimmte Feedstock-Biomassen nicht mehr verfügbar oder sinnvoll.

Anne: A1-Holz wäre super interessant für die Pflanzenkohle-/Biocarbon-Herstellung. 

Hendrik: Definitiv. Es muss allerdings ein flexibles System sein. Wir sehen folgende Gründe dafür. 

Recycling vor thermischer Verwertung. Es gibt bspw. Vertreter der Holzwerkstoffindustrie (z.B. Spanplattenhersteller), diese benötigen für ihre Holzwerkstoff-Mittelschicht Altholz. Dadurch entsteht ein großer Bedarf für A1-Holz. Und in dieser Industrie würde eine klare Aussage zu Recycling vor thermischer Verwertung positiv gesehen. Oftmals ist genau das in der Theorie richtig und es ist der bessere Weg. Aber eben nicht immer, es gibt auch Situationen, wo das A1-Holz in der thermischen Verwertung berechtigterweise eingesetzt werden sollte. 

Wirtschaftliche Dynamiken, die die Nachfrage steigen und sinken lassen: Beispielsweise kommt es zu Problemen, wenn die „Baubranche durchhängt”. Wir hatten in den letzten Wochen und Monaten eine sehr schwächelnde Baustoffindustrie. Sämtliche Hersteller, die Altholz stofflich einsetzen, haben einfach nicht mehr abgenommen. In solchen Situationen brauchen wir Alternativen.

Hendrik: Was macht man dann mit den Überschüssen? Sollen sie eingelagert werden, bis der Run erneut beginnt. Oder, was passiert bei solchen Verschiebungen? 

Saisonalität: Frischholz oder Altholz haben unterschiedliche Saisonalitäten. Bei Frischholz ist das Aufkommen abhängig von den Waldbewirtschaftungsaktivitäten. Bei Altholz können infrastrukturell starke Gegenden als Indiz für ein höheres Aufkommen festgemacht werden, wo gerade Produktions- und Siedlungsabfälle zu unterschiedlichen Zeiten anfallen. 

Diese Überlegungen spielen in den Gedanken rein, dass es insgesamt ein sehr flexibles System bleiben muss. Allein durch starre Verbote ist dies nicht immer zu regulieren.

Torben: Betrachten wir den Biocarbon-Markt, muss die Regel „stofflich vor thermisch” noch geklärt werden. Das heißt: Wo sortieren wir Pyrolyse-Technik mit dem Produkt Biocarbon in diesem Gesamtkonzept ein – welcher Anteil ist energetisch, welcher Anteil stofflich? 

Angenommen, ich habe Biomasse, 

  1. jetzt verbrenne ich die flüchtigen Bestandteile, erzeuge Energie/Dampf. Bin ich dadurch ein Verbrenner, bzw. ein energetischer Nutzer? 
  2. Oder zählt nur der C-fix-Anteil des Produkts und ist mein Prozess jetzt eine nicht-thermische/energetische Verwendung?

Diese Aussage fehlt uns noch. Nur anhand einer klaren Einstufung der Pyrolyse-Technik mit Biomasse kann ich verstehen, welche Systemgeber entscheidend sind und welche Menge ich zur Verfügung stellen kann. Die Gefahr ist, wenn die Pyrolyse-Anlagentechnik als Verbrennung eingestuft wird, sind bestimmte Feedstock-Biomassen nicht mehr verfügbar oder sinnvoll.

Denn bisher besitzt das Material Pflanzenkohle in den allermeisten Fällen keine RED II-Zertifizierung. Deshalb ist es für ein Kraftwerk, das unter die RED II fällt und/oder unter den europäischen Emissionshandel, schwer, die CO2-Neutralität aufzuzeigen.

Hendrik: Da würde ich den Blick sogar noch auf die Anwendung erweitern und fragen: Wo geht die Pflanzenkohle hin? Wo kann Pflanzenkohle eingesetzt werden: stofflicher oder thermischer Einsatz? Auch an diese Unterscheidung sind die nächsten Überlegungen geknüpft. 

Wenn ich die Idee habe, dass Pflanzenkohle ein Brennstoffsubstitut von einem fossilen Material ist, dann muss mir klar sein, dass dort eine Schnittstelle zwischen Pflanzenkohle (Emissions-Vermeidung in einem freiwilligen System) mit einem Kraftwerk existiert, in dem ich diese als Brennstoff einsetzen möchte (Teil des geltenden CO2-Emissionshandels). Das Kraftwerk benötigt den nachhaltigen Brennstoff für die CO2-Neutralität, um in der CO2-Debatte noch wirtschaftlich agieren zu können.

Da werden früher oder später Welten aufeinandertreffen. Denn bisher besitzt das Material Pflanzenkohle in den allermeisten Fällen keine RED II-Zertifizierung. Deshalb ist es für ein Kraftwerk, das unter die RED II fällt und/oder unter den europäischen Emissionshandel, schwer, die CO2-Neutralität aufzuzeigen. RED II-zertifizierte Pflanzenkohlehersteller sind noch eine Seltenheit.

Es ist noch nicht geklärt, wo dort Pflanzenkohle ihren Platz findet und welches das richtige bzw. sinnvollste System ist.

Anne: Welche Wege gibt es, eine RED II-Zertifizierung zu erhalten?

Hendrik: 

Es gibt EU-weit 14 anerkannte Systeme, mit denen die Konformität mit den RED II- Anforderungen nachgewiesen werden kann. Manche davon sind durchaus globaler gefasst. Die Wirtschaftsbeteiligten sind gefordert, sich mindestens einem dieser freiwilligen Zertifizierungssysteme anzuschließen. 

Es ist noch nicht geklärt, wo dort Pflanzenkohle ihren Platz findet und welches das richtige bzw. sinnvollste System ist.

Anne: Kannst du mal zwei bis drei Beispielsysteme aufzählen?

Henrik: Es gibt existierende Systeme, die den RED II-Standard aufgenommen haben. Andere Systeme wurden wiederum extra 2018 als One-fits-all-Lösung für die RED II geschaffen. 

Alte Systeme der Holz-Branche sind bspw. Sustainable Biomass Program (SBP), Better Biomass, NTA8080. Diese Systeme haben den Spagat zur RED II geschafft. 

Ein Beispiel für ein 2018 neu geschaffenes System ist das SURE-EU-System. Dieses und ähnliche schreiben sich auf die Fahne, alle festen und gasförmigen Biomassen von A bis Z und deren ganze Lieferketten abdecken zu können. 

Die Krux bei der Wahl der Zertifizierungssysteme ist, dass die meisten Systeme nur für bestimmte Biomassen anerkannt sind oder keinen EU-weiten Scope innehaben. 

Anne: Wo seht ihr Pflanzenkohle-Feedstock?

Ein weiteres Thema, wo noch eine gewisse Unklarheit besteht, ist der Transport. Zu transportierende Pflanzenkohle-basierte Produkte sind im Fall von Import/Export in REACH zu registrieren, wobei insbesondere Augenmerk auf die selbstentzündlichen Eigenschaften gelegt werden sollte.

Hendrik: Aktuell beim SURE-System, da es ein einfaches System ist. In diesem System starten die Anerkennungsunterschiede bereits bei der Art von Feedstock. 

Anne: Ein Pflanzenkohle-herstellender Betrieb muss für seine Input-Materialien RED II nachweisen, in der Produktion braucht es Qualitätssicherungssysteme und Audits, das Produkt – die Pflanzenkohle – sollte ebenso z. B. EBC-zertifiziert sein. Wenn die Produkte innerhalb Europas exportiert werden, muss das Material nach REACH registriert sein. Was wird noch auf einen Pflanzenkohlehersteller zukommen, vielleicht in Bezug auf Biomasse? 

Torben:

Es wird hinzukommen, auszuweisen, um welche Biomasse es sich handelt, wo genau die Biomasse erzeugt wurde oder entstanden ist und evtl. noch wie hoch der biogene Anteil ist.

  1. Primärbiomasse (Biomasse aus Anpflanzungen auf einer Plantage, aus dem Agrarbereich oder andere pflanzliche Reststoffe und Rückstände)
  2. Sekundärbiomasse – Biomasse aus Abfall oder Reststoffen. 

Hendrik: 

Hier macht die EBC-Zertifizierung etwas Spannendes. Denn diese verfolgt mit ihrer Positivliste noch andere Gedanken als die RED II. Wenn Biomasse aus dem Wald kommt, fordert EBC z. B. FSC oder PEFC-zertifizierte Ware. FSC oder PEFC sind heute noch keine in RED II anerkannten Systeme. Bereits die Feedstock-Lieferanten müssen größtenteils RED II zertifiziert sein. Es reicht nicht, nur die eigene Pyrolyseanlage gemäß RED II zertifizieren zu lassen.

Ein weiteres Thema, wo noch eine gewisse Unklarheit besteht, ist der Transport. Zu transportierende Pflanzenkohle-basierte Produkte sind im Fall von Import/Export in REACH zu registrieren, wobei insbesondere Augenmerk auf die selbstentzündlichen Eigenschaften gelegt werden sollte. Es ist also zu bedenken, ob es als Gefahrguttransport gilt oder nicht. 

Anne: Kann sich die junge Pflanzenkohleindustrie etwas in anderen Branchen abschauen?

Hendrik: Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Ich glaube, ein gutes Risikomanagement löst viele Fragen und ist Grundlage für eine sinnvolle Absicherung.

Ich muss mir als Hersteller von Pflanzenkohleprodukten bewusst sein, dass eben nicht da Schluss ist, wo das Material aus der Anlage rausfällt. Sondern ich muss die gesamte Lieferkette bis hin zur Applikation kennen und auch die Informationen einfordern, denn nur dann kann ich nachhaltig bzw. bewusst CO2-Zertifikate generieren, bzw. Abgaben verhindern.

Anne: Welche Systeme sind entscheidend für die Pflanzenkohle-produzierenden Betriebe? 

Torben:

  1. alle Zertifizierungen aus dem Bereich der Biomasse-Versorgung, die deklarieren, ob der Feedstock nachhaltig ist.
  2. der riesengroße Bereich der Prozesstechnik, der durch die verwendeten Technologien vorgegeben ist, inklusive Explosionsschutz, Arbeitssicherheit etc.
  3. alle Zertifikatsysteme, die produkt- und anwendungsbedingt sind. 

Um sich für die richtigen [Zertifizierungs-]Systeme zu entscheiden, muss ich vorher wissen: Wo möchte ich mit meinem Produkt Pflanzenkohle hin? Denn darauf aufbauend ergeben sich rückwirkend für die gesamte Lieferkette Anforderungen für das Zertifizierungssystem.

Die Anforderungen sind enorm unterschiedlich: Vergleiche ich Anwendungen in der Verbrennung als Ersatz fossiler Brennstoffe oder in der Produktherstellung z. B. als Additiv in Zement oder Asphalt, als Füllstoff im Kunststoff und somit vielleicht auch im Spritzgussteil für Automotive-Anwendungen.

Ich muss mir als Hersteller von Pflanzenkohleprodukten bewusst sein, dass eben nicht da Schluss ist, wo das Material aus der Anlage rausfällt. Sondern ich muss die gesamte Lieferkette bis hin zur Applikation kennen und auch die Informationen einfordern, denn nur dann kann ich nachhaltig bzw. bewusst CO2-Zertifikate generieren, bzw. Abgaben verhindern.

Thema: Abfälle nutzen und CO2-Bepreisung fossiler Feedstocks

Anne: Lasst uns nochmal über den Einsatz von Abfällen auf der Inputseite sprechen. Was muss ich bedenken, wenn ich Abfall in meine Pflanzenkohle-Produktion reinfahre?

Hendrik: Für die Anwender ist es entscheidend, ob sie ein Produkt als Feedstock verwenden oder einen Abfall. Bei letzterem gilt die Anlage als Abfallbehandlungsanlage. An der Stelle ist vieles zu beachten, um nicht in den Verdacht der illegalen Abfallverwertung zu fallen.

Anne: Pflanzenkohle-herstellende Betriebe müssen sich dann ja nicht nur mit dem biogenen/fossilen Anteil von vier Ausgangsmaterialien (A4 bis A1) befassen, sondern wir haben dann ja noch viel mehr Biomassen.

Torben: Ja, beispielsweise Lebensmittelindustrieabfälle enthalten unterschiedliche Anteile an biogenen Stoffen. In Zukunft wird es eine sehr genaue Untersuchung geben müssen, wie jedes Material eingestuft wird. 

EBC-Ausgestaltung und die Frage, ob Pflanzenkohlepyrolyse eine stoffliche oder thermische Verwertung ist.

Anne: Wie positioniert sich EBC und damit ein Vorreiter in der Pflanzenkohle-Branche?

Hendrik: Ich würde fragen: kann die Positivliste erweitert oder klarer definiert werden? 

Bestes Beispiel sind forstwirtschaftliche Reststoffe. Dazu zählt primär für den Laien alles außer dem Stamm, also Äste bzw. das Kronenholz. Sehr vereinfachtes Bild: Man betrachtet einen gewachsenen Baum. Der Stamm mit einer gewissen Dicke geht in die Sägeindustrie. Das dünnere Material geht in die Papier- und Zellstoffindustrie. Darüber hinaus gibt das Kronenrestholz oder auch die Totholzbestände. 

Wenn man sich die Positivliste von EBC ansieht, hat man für dieses Material nur zwei Möglichkeiten: Es ist FSC- oder PEFC-zertifiziert. 

In Deutschland eine FSC-Zertifizierung auf Waldebene zu finden ist relativ schwierig, schätzungsweise sind nur 15 % an Waldfläche FSC-zertifiziert. Jedoch sind schätzungsweise ca. 75 % des Waldbestandes PEFC-zertifiziert.

Es gibt aber einen kleinen Knick in der Branche. Waldbesitzer sind FSC- oder PEFC-zertifiziert. Diese arbeiten meist mit Forstbetrieben zusammen, welche die Maßnahmen durchführen und auch durch eine Dienstleistungszertifizierung anerkannt sind. Diese sind aber nicht nach den Lieferkettenzertifizierungen FSC/PEFC-zertifiziert. 

Nun, was passiert in der Praxis: Sie lassen das hochwertige Rundholz als Polter (Stapel), was stofflich eingesetzt wird, im Wald liegen und dies verbleibt weiterhin im Eigentum vom Waldbesitzer.

Meist geht das Waldrestholz an die Forstbetriebe bzw. diese dürfen es vermarkten. Für dieses Holz gibt es eigentlich nur einen Absatzmarkt und das ist momentan die thermische Verwertung. Diese Betriebe sind selber nicht nach dem Chain-of-Custody-System von PEFC zertifiziert. Das bedeutet, sie dürfen dieses Material, was nachweislich aus einem PEFC-zertifizierten Wald kommt, nicht selbst als zertifiziert weiterverkaufen. Damit stehen wir als typischer Abnehmer von diesen Forstbetrieben vor dem Problem, dass wir das Waldrestholz nur nicht zertifiziert durchreichen können.  

Da ist ein kleiner Cut in der Branche, den der PEFC als nicht so wichtig erachtet. 

Der FSC wiederum nimmt seit Jahren mehr und mehr Abstand von der thermischen Verwertung, wobei dieser dabei eventuell übersieht, dass es nun einmal nicht für jedes Material einen stofflichen Weg gibt.

An diese Situation knüpft wieder die Frage an: Wo positioniert sich die Pflanzenkohle? Und was passiert bei der Herstellung: Ist es eine stoffliche oder eine thermische Verwertung?

Wir haben überlegt, welche Systeme das Waldrestholz zertifizieren könnten und in dem Zuge direkt eine RED II-Zertifizierung mit sich bringen, um da letztendlich eine One-Fits-All-Lösung zu haben. Denn dann wäre die Situation gegeben, als Pflanzenkohlehersteller zu sagen: Es ist mir völlig egal, welchen Weg die Pflanzenkohle geht, ich habe potentiell alle Möglichkeiten in der Vermarktung. 

Somit weiß dann ein Hersteller,

  1. welche Art von Feedstock eingesetzt wird: 100 % oder anteilig biogen, 
  2. und durch die RED II-Zertifizierung, ab Entstehung oder Erzeugung dieser Biomasse, kann eine thermische Verwertung verfolgt werden.

An genau dieser Stelle kann Bestehendes vielleicht zusammengeführt werden. Es ist aus meiner Sicht auch eine Logik, die sich der EBC noch mal genau angucken sollte, was sie vielleicht durch einfachste Anerkennung von anderen Feedstock-Systemen erreichen können, um sich dem RED II-Thema zu nähern. Sicherlich wird die RED II-Anerkennung auf sie zukommen.

Anne: Die Verbrennung wird ja meistens als schlechtere Option bewertet und demgegenüber wird oft jede stoffliche Verwertung per se als super nachhaltig, manchmal CO2 neutral dargestellt.

Hendrik: Genau das ist die Debatte. Den Leuten, die das Waldrestholz thermisch einsetzen, weil es stofflich nicht immer einsetzbar ist, wird vorgeworfen, sie sollten den Wald gar nicht aktiv durchforsten. Wenn wir den Wald aber nicht aktiv durchforsten, haben wir zu wenig Material, das stofflich nachgefragt wird. Also werden auch der stofflichen Industrie die RED II-Nachhaltigkeitsnachweise sicherlich früher oder später über den Weg laufen. Bisher herrschen in der stofflichen Verwertungsbranche nur freiwillige Systeme (siehe FSC/PEFC). 

Anne: Ich habe mal mit einigen Forstwirtschaftlern diskutiert, die fanden Pflanzenkohle oder Holzkohle nicht so toll. Sie wollen, dass möglichst viel Holz zur Regeneration im Wald verbleibt. Der Wald muss sich ja regenerieren, es braucht Totholz für verschiedene Ökosysteme und Insekten und Tiere.

Hendrik: Ich glaube, die Forstwirtschaft ist als Waldeigentümer-Gesellschaft gut vernetzt und nimmt an der RED II-Debatte immer mehr teil. 

Aktive Waldbewirtschaftung einzuschränken oder gar zu verbieten, hat mehrere Folgen. Es steht deutlich weniger Biomasse für alle Interessengruppen zur Verfügung. Zudem stützt es den Gedanken, je mehr Holz im Wald, desto mehr Brandlast verbleibt auch im Wald – also ein Potenzial von extremen Waldbränden. Genau zwischen Deinen Ausführungen und dem Gegenbeispiel wird sicherlich die Wahrheit liegen. 

Anne: Vielen Dank für das Interview!

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