Pflanzenkohle für Stadtbäume

Pflanzenkohle für Stadtbäume

Aufgrund des Klimawandels sterben im urbanen Raum immer mehr Bäume. Das ist mit erheblichen Kosten für Kommunen verbunden und führt zu sinkender Biodiversität und schlechterem Stadtklima. Eine Lösung bietet das Stockholmer Modell – eine neuartige Kombination aus Baumpflanzsystem und Regenwasserableitung.

Vorteile von Pflanzenkohle für Stadtbäume

  • Reduzierung direkter und indirekter Kosten bei Stadt- und Parkbäumen sowie anderen Gehölzen im Bestand und bei Neupflanzung
  • Reduzierung des Baumsterbens als Folge der Klimakrise
  • Verhinderung der Belagbeschädigung durch Wurzeln
  • Stockholmer Modell:
    • Strukturreich, verhindert Bodenverfestigung und schafft Porenraum mit Sauerstoff
    • Ersatz von klassischen Wasserversickerungssystemen
    • Entlastung von Kläranlagen
  • Schaffung langlebiger Pflanzbeete

Die Stressfaktoren für Stadtbäume im urbanen Umfeld sind sehr divers. Hinzu kommt seit einigen Jahrzehnten die schleichende Schwächung der Resilienz von urbanen Ökosystemen in Europa durch extremere klimatische Verhältnisse. Selbst den als resistent geltenden Baumarten, wie Platanen und Mehlbeeren, setzen Starkregen, Hitzewellen und Stürme zu und es treten zunehmend Pilz- und Schädlingsbefall auf. 

Der erhöhte Gießaufwand führt zu erhöhten Kosten. Und auch bei Ersatz der Bäume ist nicht gesichert, dass ein Baum in urbanem Raum trotz ausreichender Anwuchs- und Entwicklungspflege ein Alter von über drei Jahren erreicht.

Eine Lösung bei Bestandspflanzen ist es, die Wasserhaltekapazität und Sauerstoffverfügbarkeit zu verbessern, indem im Wurzelraum ein mit beladener Pflanzenkohle angereichertes Wurzelsubstrat mithilfe von Lanzen eingebracht werden kann.

Das Pflanzsystem nach dem Stockholmer Modell bietet eine Lösung vor allem für neue Pflanzbeete. Es wird in vielen Städten bereits umgesetzt, da es die Lebenszeit von Stadtbäumen und gehölzen deutlich verlängern und deren Resilienz stärken soll. Für eine Neupflanzung oder Wurzelraumsanierung wird dabei Pflanzenkohle als Teil einer Skeletterde in ein Bodenskelett aus Steinen im Untergrund unter dem Wurzelwerk der Pflanze eingebracht. Damit kann heute die Lebenszeit eines neu gepflanzten Baumes gegenüber einem konventionellen Pflanzsystem signifikant verlängert werden.

Da die Pflanzenwurzeln in die Tiefe gelockt werden, wird der Wegebelag tendentiell weniger häufig durch Wurzeln beschädigt. In der Tiefe sind diese weniger anfällig für Trockenheit, denn der porenreiche Untergrund liefert den Wurzeln Wasser und Sauerstoff. Dieser Zugang zu essentiellen Stoffen gibt den Pflanzen eine große Überlebenschance zurück.

Außerdem werden die Kosten der kommunalen Kläranlagen durch direkte Versickerung von Regenwasser in die Pflanzgruben sowie durch Flutprävention deutlich gesenkt.

Der Vorteil für Stadtbeete besteht außerdem darin, dass langlebige Pflanzbeete aus regionalen Materialien hergestellt werden können, und sich die Pflanzenkohle in den Beeten gegenüber vergleichbaren Substratzusätzen wie Torfmoos oder Kompost weniger stark bis unmerklich zersetzt.1Britt-Marie Alvem, Traffic Office, Rebecka Grönjord, Sweco Architects. Planting beds in Stockholm city – a handbook, City of Stockholm, 2017  (https://www.biochar.info/docs/urban/Planting_beds_in_Stockholm_2017.pdf)

Gleichzeitig wirkt die Pflanzenkohle als Kohlenstoffsenke, was bedeutet, dass die Pflanzenkohle den Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre senkt, indem sie Kohlenstoff für lange Zeit im Boden bindet. Pflanzenkohle kann zusätzlich die Nährstoffauswaschung aus urbanen Böden verringern und Schwermetalle binden. Diese EIgenschaften sind ebenso für Kommunen von Wert.

Grad der Entwicklung

Derartige Pflanzenkohle-Pflanzsysteme für Stadtbäume sind noch nicht stark entwickelt. In Prag und Magdeburg ist das Stockholmer Modell in der Umsetzung begriffen oder in Planung. Es gibt einige lokale Projekte, wie in Erfurt, Köln, oder Dresden, wo das Stockholmer Modell in abgeänderter Form und ohne Pflanzenkohle umgesetzt wurde oder derzeit umgesetzt wird. 

Die für das Stockholmer Modell benötigte pflanzenkohlehaltige Skeletterde ist als Standardprodukt zur Anwendung in Kombination mit einem Bodenskelett aus Steinen nur vereinzelt regional erhältlich. Bisher wird Skeletterde vorwiegend projektspezifisch hergestellt.2Britt-Marie Alvem, Traffic Office, Rebecka Grönjord, Sweco Architects. Planting beds in Stockholm city – a handbook, City of Stockholm, 2017  (https://www.biochar.info/docs/urban/Planting_beds_in_Stockholm_2017.pdf)3

Skeletterde wird in verschiedenen Varianten als Bulkware angeboten, je nach Standortbedingungen und Pflanzenart. Die Skeletterde wird in ein Bodenskelett eingerüttelt oder eingewässert. Das Bodenskelett, über dem der Wurzelballen positioniert wird, ist ein Skelett aus Granitschotter oder Kiesel in des Größen 60/80m oder 80/125.

Anwendung

Bei dem Stockholmer Modell werden zum Bau des Pflanzbetts meist zuerst die Skelettsteine in die Grube gegeben und kompaktiert. Anschließend wird Kompost und Pflanzenkohle darüber gegeben und mit Wasser mittels eines Wasserschlauchs in die Zwischenräume des Kieses gespült. Skelettsteine und Pflanzerde sollten so kombiniert werden, dass nur ca. 80 Prozent des Hohlraumanteils verfüllt werden. Dadurch werden Verdichtungen der Skeletterde verhindert und hervorragende Entwicklungsbedingungen für das Wurzelwerk geschaffen. Der wurzelnackte Baum oder das Gehölz wird in der Pflanzgrube über dem Bodenskelett platziert. Anschließend wird die Pflanzgrube mit Pflanzerde befüllt.

Die Erde muss in 25 Zentimeter dicken Schichten mit einer Rüttelplatte oder mit Wasser verdichtet werden, damit die Hohlräume optimal mit Pflanzerde gefüllt werden. Wenn das Stein-Erde-Gemisch bereits vorgemischt geliefert wird, muss es erneut vermengt werden.  

Pflanzenkohle allein kann, je nach dem zu ihrer Herstellung verwendeten Ausgangsmaterial, einen geringen Gehalt an verfügbaren Mineralien aufweisen. Daher sollte das Pflanzbeet mit mineralischem oder organischem Dünger gedüngt werden.

Für den gezielten Einsatz muss die Pflanzenkohle sorgfältig ausgewählt werden, da jede Pflanzenkohle aufgrund der Ausgangsmaterialien sowieder Art und Weise der Herstellung unterschiedlich ist. 

Pflanzenkohle sollte bei Anwendungen für das Stärken von Pflanzen in der Wurzelregion nicht pur eingesetzt werden. Die für diesen Zweck eingesetzte Pflanzenkohle sollte mit einer Düngelösung beladen, oder mit dem Kompost für das Kultursubstrat mitkompostiert werden. Erst dann werden die Potenziale zur Wurzelanlockung und Bodenverbesserung entfaltet.

Dosierung

Für die Dosierung der Pflanzenkohle gibt es die Empfehlung, 1 Teil Kompost zu 1 Teil beladener Pflanzenkohle und 6 Teilen Kies in der Größe 2-6 mm zu verwenden. Die benötigte Menge orientiert sich an dem Steinskelett: es müssen ca. 80 Prozent der Hohlräume des Steinskeletts mit der Skeletterde gefüllt werden.

Zulassung & Zertifizierung

Die Pflanzenkohle zur Verwendung bei städtischen Baumpflanzungen sollte gemäß dem European Biochar Consortium (EBC) nach EBC-Urban zertifiziert sein, um Anforderungen an Nachhaltigkeit und Qualität zu entsprechen.

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    Britt-Marie Alvem, Traffic Office, Rebecka Grönjord, Sweco Architects. Planting beds in Stockholm city – a handbook, City of Stockholm, 2017  (https://www.biochar.info/docs/urban/Planting_beds_in_Stockholm_2017.pdf)
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