Biogas-Erzeugung ist ein komplexer, mehrstufiger Gärprozess zur Erzeugung von brennbaren Gasen, basierend auf dem Zusammenspiel von verschiedensten Mikroorganismenkulturen. Die Branche steht unter immer stärkerem Druck, Effizienzverluste zu vermeiden. An der Stelle kommt Biogaskohle zum Einsatz, denn mit ihren spezifischen Eigenschaften ist diese ein günstiger Katalysator, um die Effizienz des Gärprozesses zu steigern. Außerdem wertet Biogaskohle Gärreste zu Dünger auf.
Vorteile von Pflanzenkohle in Biogasanlagen
- Bis zu 20 Prozent1RÖDGER, Jan-Markus, et al. Steigerung des Biogasertrages durch die Zugabe von Pflanzenkohle. Müll und Abfall, 2013, 9. Jg., Nr. 13, S. 477. https://chiemgau-agrar.de/wp-content/uploads/2019/10/Artikel-Steigerung-des-Biogasertrages-durch-Pflanzenkohle.pdf mehr Biogasertrag durch:
- Vergrößerte Aufwuchsfläche für Mikroorganismen
- Akkumulation von methanbildenden Mikroorganismen
- Bindung/Adsorption von Hemmstoffen, wie Ammoniak, Schwermetallen und Toxinen
- Flexibilisierung des Anlagenprozesses
- Ersatz teurer Additive und Hilfsstoffe
- Weiterverwendung zur Bodenverbesserung
Die anaerobe Fermentation wird ständig beeinflusst von Faktoren wie Ammoniak, Schwefelwasserstoff, hohem Salzgehalt und Spurenelementen, niedrigem pH-Wert, Scherkräften sowie Temperaturschwankungen2Christian Wurzer, 72. Green Carbon Webinar – Biochar use for anaerobic digestion“, published 24 March 2022 by Christian Wurzer at https://www.youtube.com/watch?v=i4wLMiqiDK0.
Die Vorteile entstehen, da die Pflanzenkohle als Kolonisationsgrundlage sowie als Leiter für den direkten Austausch von Elektronen zwischen Mikroorganismenarten dient. Das bedeutet, dass methanbildende Mikroorganismen in der Schwammstruktur der Biogaskohle einen hervorragenden Lebensraum zur Vermehrung vorfinden. Zudem bindet Pflanzenkohle für den Gärprozess schädliches Ammoniak. Des Weiteren kann mit der Menge und Beschaffenheit von Pflanzenkohle der Prozess gelenkt werden, da durch die hohe Kationenaustauschkapazität der Pflanzenkohle chemische und biologische Prozesse beeinflusst werden. Außderdem ist Pflanzenkohle ähnlich wie Aktivkohle geeignet für die Adsorption von Schwermetallen und anderen Toxinen.
Die wirtschaftliche Rentabilität von Pflanzenkohle in der Biogasanlage ist von Anlage zu Anlage sehr unterschiedlich. Für einige Anlagen ist die Wirtschaftlichkeit nur durch die weitere Verwendung der mit Pflanzenkohle angereicherten Gärreste als Bodenverbesserer und Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen gegeben. Andere Anlagen zur anaeroben Vergärung werden durch den Einsatz von Pflanzenkohle wirtschaftlich, da sie durch den erhöhten Biogasertrag zusätzliche Einnahmen erzielen.
Desweiteren kann Biogaskohle eine günstige Alternative zu anderen Additiven und Katalysatoren sein. Denn “die Störanfälligkeit des Biogasprozesses, insbesondere an dessen Leistungsgrenzen, erfordert den Einsatz von verschiedenen Additiven bzw. Hilfsstoffen. So ist die Zugabe von teuren Spurenelementen, vor allem in der Monovergärung, nicht mehr wegzudenken.“3RÖDGER, Jan-Markus, et al. Steigerung des Biogasertrages durch die Zugabe von Pflanzenkohle. Müll und Abfall, 2013, 9. Jg., Nr. 13, S. 477 https://chiemgau-agrar.de/wp-content/uploads/2019/10/Artikel-Steigerung-des-Biogasertrages-durch-Pflanzenkohle.pdf
Pflanzenkohle bewirkt eine langfristige und stabile Kohlenstoffspeicherung, wodurch deren Einsatz zur Bildung von Negativemissionen führt und CO2 Entfernungszertifikate veräußert werden können.
Grad der Entwicklung
Zhao et.al. beschreiben, vor welchen Herausforderungen die anaerobe Vergärung steht und zeigen eine Lösung auf: “Die Technologie der anaeroben Vergärung (AD4anaerobic digestion) steht noch immer vor einigen Herausforderungen, darunter die geringe Methanproduktivität, die instabile Betriebseffizienz und der unerwünschte Abbau von feuerfesten Stoffen. Pflanzenkohle wurde vor kurzem als eine vielversprechende Alternative zur Steigerung der Methanproduktion in den AD-Prozess aufgenommen.“5Weixin Zhao, Haizhou Yang, Shufei He, Qingliang Zhao, Liangliang Wei, A review of biochar in anaerobic digestion to improve biogas production: Performances, mechanisms and economic assessments, Bioresource Technology, Volume 341, 2021, 125797, ISSN 0960-8524, https://doi.org/10.1016/j.biortech.2021.125797
Der Einsatz von Biogaskohle ist, bis auf viele Anwendungsbetriebe in der Schweiz, noch nicht stark verbreitet. Es gibt Forschungsprojekte zur Biogasertragsseigerung durch Pflanzenkohle, sowie Modellanlagen, die die Vorteile der Kombination von Biogas- mit Pflanzenkohleproduktionsanlagen an einem Standort eruieren.
Anwendung
Biogaskohle kann zur Hauptfermentation sowie zur Nachgärung hinzugegeben werden.
Laut Roedger et al. wird durch die Zugabe von Biogaskohle im Hauptfermenter der Gasertrag um 9% gesteigert. Wird die Biogaskohle jedoch zum Nachgärer hinzugegeben, können Ertragssteigerungen von 13-24% erreicht werden6RÖDGER, Jan-Markus, et al. Steigerung des Biogasertrages durch die Zugabe von Pflanzenkohle. Müll und Abfall, 2013, 9. Jg., Nr. 13, S. 477. https://chiemgau-agrar.de/wp-content/uploads/2019/10/Artikel-Steigerung-des-Biogasertrages-durch-Pflanzenkohle.pdf. Außerhalb des Labormaßstabes zeigt sich in der praktischen Anwendung eine Ertragssteigerung um bis zu 10%.
In der genannten wissenschaftlichen Untersuchung wurden die besten Ergebnisse mit besonders grobkörnigen Biogaskohle-Partikeln erzielt7RÖDGER, Jan-Markus, et al. Steigerung des Biogasertrages durch die Zugabe von Pflanzenkohle. Müll und Abfall, 2013, 9. Jg., Nr. 13, S. 477. https://chiemgau-agrar.de/wp-content/uploads/2019/10/Artikel-Steigerung-des-Biogasertrages-durch-Pflanzenkohle.pdf. Dies spiegelt sich wider in dem Angebot an Biogaskohlen: es werden Pflanzenkohlen-Substrate mit einer eher groben Körnung zwischen ca. 0,5 – 2 cm für die Biogasbehandlung angeboten.
Bestimmte Pflanzenkohlen mit einem niedrigen H/C-Verhältnis weisen einen permanenten C-Gehalt auf. Es ist jedoch noch nicht geklärt, ob dieser haltbare Kohlenstoffanteil während der Gärung vollständig erhalten bleibt und den Wert der Gärreste für die landwirtschaftliche Nutzung steigert.
Dosierung
Es ist bisher verbreitet, als Dauerlösung 0,1 – 0,5% Biogaskohle bezogen auf die eingesetzte Trockenmasse in den Biogasprozess einzubringen. Empfohlen wird ein regelmäßiger Einbringungsturnus einmal nach ca. 14 Tagen. In der Praxis wird die Art der Einbringung bisher unterschiedlich gestaltet: entweder wird die Pflanzenkohle direkt dem Inputmaterial hinzugefügt, oder manuell bzw. automatisiert in die Fermenter bzw. Nachgärung geben.
Zulassung & Zertifizierung
Neben der Verwendung der Pflanzenkohle zur Biogasproduktion ist bei der Zertifizierung auch die anschließende Nutzung des pflanzenkohlehaltigen Gärrestes im landwirtschaftlichen Kontext relevant.
Diese Anwendung von pflanzenkohlehaltigen Gärresten im landwirtschaftlichen Kontext ist in der EU sowie der Schweiz erlaubt. In der EU wird die Verwendung von Gärrückständen und Pflanzenkohle in Düngeprodukten in der aktualisierten Düngemittelverordnung (Verordnung 2019/1009) geregelt.
Wird der Gärrest mit Pflanzenkohle landwirtschaftlich als Gärdünger genutzt, muss die Unschädlichkeit zertifiziert sein, da Schadstoffe wie “PAK, aber auch Dioxine und Schwermetalle in die menschliche Nahrungskette gelangen und sich dauerhaft in Böden akkumulieren könnten”8EBC (2012-2022) ‚European Biochar Certificate – Richtlinien für die Zertifizierung von Pflanzenkohle‘, Ithaka Institute, Arbaz, Switzerland. http://www.european-biochar.org Version 10.1G vom 10. Januar 2022. In Europa wird eine Zertifizierung durch das European Biochar Consortium (EBC) angeboten. Biogaskohle für die konventionelle Landwirtschaft wird darin nach EBC-Agro, und für die biologische Landwirtschaft in der Kategorie EBC-AgroBio zertifiziert, wobei der Unterschied in strengeren Schwermetall- und PAK-Grenzwerten für letzteres liegt9EBC (2012-2022) ‚European Biochar Certificate – Richtlinien für die Zertifizierung von Pflanzenkohle‘, Ithaka Institute, Arbaz, Switzerland. http://www.european-biochar.org Version 10.1G vom 10. Januar 2022.